Immobilienbewertung: Welches Verfahren passt zu mir?

von Sebastian Haupt
31. Oktober 2023
Immobilien
Der Immobilienbewertung kommt eine bedeutende Rolle zu, da sie die Basis für Immobilientransaktionen jeglicher Art bildet. Dabei kann sie den Erfolg oder Misserfolg dieser Transaktion maßgeblich beeinflussen. Aber welche Methoden der Immobilienbewertung gibt es und wie wählt man das passende Verfahren aus?

In diesem Beitrag beleuchten wir die verschiedenen in Österreich gängigen
Bewertungsverfahren und geben Ihnen wertvolle Tipps, wie Sie den realistischen Marktwert
Ihrer Immobilie ermitteln.

Immobilienbewertung: Definition

Die Immobilienbewertung ist ein Verfahren zur Ermittlung des Marktwerts einer Immobilie. Sie bildet die Grundlage für verschiedene Arten von Immobilientransaktionen, wie Kauf, Verkauf oder Beleihung. Ihr Ziel ist es, einen möglichst fairen Marktpreis zu ermitteln und dadurch sowohl den Käufer als auch den Verkäufer vor unrealistischen Preisvorstellungen zu schützen.

Durch ein solches Gutachten wird ein Richtwert ermittelt, der für die Kaufpreisfindung herangezogen werden kann. Besonders wichtig ist es dabei auf seriöse Gutachter zu achten und nur registrierte und gerichtlich zertifizierte Sachverständiger für die Bewertung heranzuziehen.

In Österreich sind die folgenden drei Verfahren zur Immobilienbewertung geläufig:

Immobilienbewertung durch das Vergleichswertgutachten

Immobilienbewertung durch das Vergleichswert-gutachten

Das Vergleichswertgutachten ist das am weitesten verbreitete Gutachten zur Wertermittlung von selbstgenutzten Immobilien. Durch den Vergleich mit den tatsächlich erzielten Kaufpreisen ähnlicher Immobilien bezieht es bei der Immobilienbewertung nämlich die aktuelle Marktlage mit ein. Dazu werden Immobilien in möglichst ähnlicher Lage, Größe, Zustand und Nutzungsart herangezogen. Der Verkauf dieser Immobilien muss hier allerdings in zeitlicher Nähe erfolgt sein.

Das Vergleichswertgutachten ist gerade wegen der Einbeziehung der Marktlage besonders geeignet zur Kauf- bzw. Verkaufspreisermittlung. Es wird aber auch zur Berechnung der Besteuerung im Falle einer Erbschaft oder Schenkung herangezogen, sowie zur Vermögensaufteilung bei Scheidungen.

Für bestimmte werterhöhende beziehungsweise wertmindernde Umstände werden im Zuge des Gutachtens Zu- oder Abschläge berechnet.

Vergleichswertgutachten Berechnung

Für die Berechnung zu beachten sind:

Mikrolage

Darunter fällt die Infrastruktur, die Anbindung an den öffentlichen Verkehr oder Verkehrsbelastung. Für die Lage an einer stark befahrenen Bundesstraße gibt es also Abschläge. Andererseits wird ein Zuschlag berechnet, wenn die nächste U-Bahn-Station in Gehnähe erreichbar ist.

Zustand der Immobilie und Baujahr

Eine vor kurzem erfolgte Renovierung wirkt sich positiv auf die Immobilienbewertung aus. Eine Sanierungsbedürftige Immobilie hingegen wird schlechter bewertet.

Stockwerk und Belichtung

Eine Eigentumswohnung im Erdgeschoss wird im Vergleichswertgutachten schlechter bewertet als eine im dritten Stock.

Ausstattung

Ein hochwertiges Echtholzparkett wirkt sich in der Immobilienbewertung besser aus als ein alter Teppichboden.

Nutzungsmöglichkeiten bzw. -beschränkungen

Ein Wegerecht am Nachbargrundstück wirkt wertsteigernd, im umgekehrten Fall käme es zur Wertminderung.

Vergleichswertgutachten: Fazit

Der offensichtlich größte Vorteil des Vergleichswertgutachtens ist, dass Preisschwankungen am Markt bei der Berechnung berücksichtigt werden. Aufgrund der geringeren Komplexität ist es außerdem leichter nachvollziehbar als die beiden folgenden Verfahren. Das schlägt sich auch im Preis nieder.

Das Vergleichswertgutachten eignet sich jedoch eher weniger für architektonisch außergewöhnliche Gebäude. In solchen Fällen gibt es oft keine vergleichbaren Immobilien.
Aber auch für vermietete Immobilien ist das Vergleichswertgutachten nicht zwingend die
beste Wahl.

Immobilienbewertung durch das Ertragswertgutachten

Das Ertragswertgutachten wird in der Immobilienbewertung vor allem bei vermieten Immobilien und Gewerbeimmobilien angewendet. Es beruht auf einer sehr komplexen Berechnung und ist daher kostspieliger als das Vergleichswertverfahren.

Die Wertermittlung des Grundstücks und des Gebäudes erfolgt hierbei getrennt. Das ist darauf zurückzuführen, dass der Boden seinen Wert nicht verliert, wohingegen das Gebäude lediglich eine bestimmte Restnutzungsdauer hat.

Ertragswertgutachten Berechnung

Bodenwert + Gebäudeertragswert + Gebäudewert = Ertragswert

Der Bodenwert ist der Wert des unbebauten Grundstücks. Zu diesem wird dann der
Gebäudeertragswert hinzugerechnet, dieser wird folgendermaßen ermittelt:

Jahresrohertrag - Bewirtschaftungskosten
= Jahresreinertrag
- Bodenwertverzinsung (Bodenwert x Liegenschaftszinssatz)
= Gebäudereinertrag
x Vervielfältigungsfaktor
= Gebäudeertragswert

Der Jahresrohertrag setzt sich zusammen aus den erzielbaren ortsüblichen Mieteinnahmen.
Davon werden die Bewirtschaftungskosten abgezogen. Das sind die Kosten für Betrieb und Instandhaltung der Immobilie sowie Abschreibungen. Dadurch ergibt sich nun der Jahresreinertrag. Hiervon wird die Bodenwertverzinsung, berechnet durch Multiplikation des Bodenwerts mit dem Liegenschaftszinssatz, abgezogen. Der Liegenschaftszinssatz dient der Kapitalisierung der zukünftigen Einnahmen einer Liegenschaft. Somit ergibt sich der Gebäudeertragswert, der mit dem Vervielfältigungsfaktor, einer Rechnungsgröße abgeleitet aus dem Liegenschaftszinssatz, multipliziert wird und so den Gebäudeertragswert darstellt.

Ertragswertgutachten: Fazit

Der Vorteil des Ertragswertgutachtens zur Immobilienbewertung ist, dass eine sehr genaue und aussagekräftige Ermittlung des Marktwerts und der zu erwartenden Erträge bei Anlageobjekten möglich ist. Die starke Abhängigkeit vom Liegenschaftszinssatz, kann das Ergebnis jedoch stark verfälschen, wenn dieser nicht korrekt gewählt wird. Zudem ist wegen der Komplexität des Verfahrens mit erhöhten Kosten zu rechnen.

Immobilienbewertung durch das Sachwertgutachten

Das Sachwertverfahren wird in der Immobilienbewertung vor allem bei selbstgenutzten Immobilien verwendet, wenn das Vergleichswertverfahren mangels vergleichbarer Immobilien nicht angewendet werden kann. Der Marktwert wird durch Ermittlung der Kosten, die bei Wiederherstellung der Immobilie entstehen würden, festgestellt. Boden- und Gebäudewert werden auch beim Sachwertgutachten getrennt ermittelt.

Sachwertgutachten Berechnung

Bodenwert + Gebäudewert = Sachwert

Der Bodenwert wird durch den Vergleich von Kaufpreisen ähnlicher unbebauter Liegenschaften ermittelt. Der Bauwert wird berechnet, indem von den Herstellungskosten des Gebäudes alle Wertminderungen, wie etwa durch Mängel oder das Alter, in Abzug gebracht werden. Wichtig sind bei diesem Verfahren daher Faktoren wie Baujahr, Bodenwert und die Grundstücksgröße.

Sachwertgutachten: Fazit

Der große Nachteil des Sachwertgutachtens zur Immobilienbewertung ist, dass die Marktlage nicht berücksichtigt werden kann. Geeignet ist es aber vor allem für außergewöhnliche Gebäude, für die es keine Vergleichswerte gibt.

Verfahren zur Immobilienbewertung: Fazit

Da die Immobilienbewertung einen massiven unmittelbaren Einfluss auf die Kaufpreisfindung hat, ist es ratsam sich ausreichend über die zur Verfügung stehenden Verfahren zu informieren. Erst dann sollte ja nach Bedarf das am besten geeignete
Verfahren gewählt werden.

Außerdem sollte bei der Immobilienbewertung keinesfalls auf die Herbeiziehung eines qualifizierten Sachverständigens verzichtet werden. Nur so kann eine faire Werteinschätzung erfolgen.

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